StP 24 Nr. 4 Besteuerung von Kinder- und Waisenrenten
1. Allgemeines
1.1. Waisenrenten
Gemäss Artikel 25 Absatz 1 AHVG haben Kinder, deren Vater oder Mutter gestorben ist, Anspruch auf eine Waisenrente. Der Anspruch auf die Waisenrente entsteht am ersten Tag des dem Tod des Vaters oder der Mutter folgenden Monats und erlischt mit der Vollendung des 18. Altersjahres oder mit dem Tod der Waise (Art. 25 Abs. 4 AHVG).
Für Kinder, die sich noch in Ausbildung befinden, dauert der Rentenanspruch bis zu deren Abschluss, längstens aber bis zum vollendeten 25. Altersjahr (Art. 25 Abs. 5 AHVG).
Waisenrenten werden auch aufgrund der Militärversicherungsgesetzgebung (Art. 53 Abs. 1 MVG) und der Unfallversicherungsgesetzgebung (Art. 30 Abs. 1 UVG) ausgerichtet. Der Anspruch entsteht ebenfalls am ersten Tag des Monats, der dem Tod des versicherten Elternteils folgt und erlischt mit dem 18. Altersjahr bzw. in Ausbildung mit Ende der Ausbildung bzw. mit Vollendung des 25. Altersjahres.
In der zweiten Säule bestimmt sich der Anspruch auf Hinterlassenleistungen gemäss Artikel 20 BVG, wonach Kinder des Verstorbenen Anspruch auf Waisenrenten haben, Pflegekinder nur, wenn der Verstorbene für ihren Unterhalt aufzukommen hatte.
1.2. Kinderrenten
Personen, welchen eine Altersrente zusteht, haben gemäss Artikel 22ter Absatz 1 AHVG für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente.
Gleiches gilt gemäss Artikel 35 Absatz 1 IVG in Bezug auf die Invalidenversicherung: Personen, denen eine Invalidenrente zusteht, haben für jedes Kind, das im Falle
ihres Todes eine Waisenrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente.
Gemäss Artikel 17 Absatz 1 BVG haben Versicherte, denen eine Altersrente zusteht, für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente in Höhe der Waisenrente.
2. Besteuerung von Waisenrenten im Speziellen
2.1. Waisenrente
Die Waisenrente minderjähriger Halbwaisen wird durch den Inhaber der elterlichen Sorge versteuert.
Ab dem 1. Januar des Jahres, in welchem die Volljährigkeit eintritt, sind Halbwaisenrenten durch die Halbwaisen selber zu versteuern (vgl. auch Beginn der Steuerpflicht vor bzw. mit Mündigkeit; StP 12 Nr. 1 Einkommen und Vermögen von Ehegatten sowie von Personen in eingetragener Partnerschaft).
Beim Inhaber der elterlichen Sorge wird in der Folge der Kinder- bzw. Ausbildungsabzug nach § 36 Absatz 2 Ziffer 1 StG nur gewährt, wenn
die sich in Ausbildung befindende mündige Halbwaise trotz Halbwaisenrente und eigenem Erwerbseinkommen auf den Unterhaltsbeitrag angewiesen ist
und ein Unterhaltsbeitrag von jährlich mindestens in der Höhe des Sozialabzugs geleistet wird.
Nach Eintritt der Volljährigkeit sind Waisenrenten vom berechtigten Kind selbständig zu versteuern.
2.2. Kinderrenten
2.2.1. Minderjährige Kinder
Die Kinderrenten für minderjährige Kinder werden bei der rentenberechtigten Person besteuert. Wohnt das Kind beim anderen Elternteil und werden die Kinderrenten an diesen weitergeleitet, dann kann die rentenberechtigte Person einen Unterhaltsabzug in gleicher Höhe geltend machen, während der Elternteil mit elterlicher Sorge diesen Betrag als Unterhaltsleistung zu versteuern hat.
2.2.2. Volljährige Kinder
a) Erste Säule
Kinderrenten werden auch für volljährige Kinder grundsätzlich beim Rentenberechtigten besteuert, da der Anspruch diesem zusteht (Art. 22ter Abs. 1 AHVG).
Aus Artikel 22ter Absatz 1 AHVG hat das Bundesgericht abgeleitet, dass Kinderrenten vom Rentenberechtigten zu versteuern sind, und zwar unabhängig von einer Weiterleitung der Rente an ein Kind, "beruhe diese auf einer entsprechenden familienrechtlichen Verpflichtung oder erfolge sie freiwillig" (BGer 2C_164/2007, E. 2.5).
Verlangt ein volljähriges Kind gestützt auf Artikel 71ter AHVV eine direkte Auszahlung an sich selbst, so kann nicht (mehr) von einem Einkommenszufluss beim Rentenberechtigten ausgegangen werden. Diesfalls sind die betreffenden Einkünfte dem volljährigen Kind zuzurechnen (BGer 2C_139/2022, E. 3.3.2.4.).
Gemäss Artikel 82 Absatz 1 IVV gilt die Regelung von Artikel 71ter AHVV sinngemäss auch für die Belange von IV-Kinderrenten.
b) Zweite Säule
Im Bereich der zweiten Säule besteht keine entsprechende rechtliche Grundlage für eine vom Kind beantragte Direktauszahlung an das volljährige Kind. Der Zahlungsempfänger kann ausschliesslich im gegenseitigen Einvernehmen geändert werden und die Kinderrenten bleiben unabhängig von der gewählten Auszahlung an einen Elternteil oder das volljährige Kind beim rentenberechtigten Elternteil steuerbar (Mitteilung berufliche Vorsorge Nr. 154 Rz. 1056; BGer 2C_615/2019).