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StP 12 Nr. 2 Einkommen und Vermögen von unmündigen Kindern

1. Grundsatz: Steuersubstitution

Natürliche Personen werden grundsätzlich mit der Geburt subjektiv steuerpflichtig, wenn sie die einschlägigen Voraussetzungen erfüllen (ESTV-Kreisschreiben Nr. 30 vom 21.12.2010, Ziff. 3).

Solange sie noch nicht volljährig sind und unter elterlicher Sorge stehen, werden ihre Einkommen und Vermögenswerte dem Inhaber der elterlichen Sorge zugerechnet (sogenannte Faktorenaddition). Bei getrennt besteuerten Elternteilen mit gemeinsamem Sorgerecht wird das übrige Einkommen und Vermögen jenem Elternteil zugerechnet, dem der Kinderabzug zusteht.

Gemäss § 12 Absatz 2 StG werden aber noch nicht volljährige Kinder für eigenes Erwerbs- oder Ersatzeinkommen selbständig steuerpflichtig, auch wenn sie unter elterlicher Sorge stehen.

Noch nicht volljährige Kinder, welche nicht unter elterlicher Sorge stehen, werden gestützt auf § 59 Absatz 2 StG auch für das übrige Einkommen und für ihr Vermögen selbständig steuerpflichtig.

2. Erwerbs- und Ersatzeinkommen

2.1. Materielle Aspekte

Unter Erwerbseinkommen fallen grundsätzlich alle Einkünfte aus unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit.

Einkünfte welche Lehrlinge, Werkstudenten, Praktikanten und Absolventen einer Anlehre erzielen, sind von diesen selbständig zu versteuern. Auslagen für die Fahrt zur Arbeit sowie für auswärtige Verpflegung sind abziehbar, nicht hingegen Aufwendungen für die Fahrt zur Berufsschule, für Schulbücher und Exkursionen usw., weil diese Aufwendungen nicht abziehbare Ausbildungskosten darstellen. Stattdessen können die Inhaber der elterlichen Sorge den Kinder- bzw. Ausbildungsabzug beanspruchen (Kinder in Ausbildung [§ 36 Abs. 2 Ziff. 1 StG], vgl. StP 36 Nr. 6 Kinder- und Ausbildungsabzüge bei getrennt besteuerten Eltern).

Bei Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit können die geschäftsmässig begründeten Aufwendungen gemäss § 30 StG geltend gemacht werden. Dies gilt auch in Bezug auf geerbtes Geschäftsvermögen, da dieses nachdem Erbgang seine Qualifikation als Geschäftsvermögen beibehält (2A.105/2007, Erw. 3.4). Betreffend Berücksichtigung von AHV-Beiträgen ist auf Artikel 3 Absatz 2 Bst. a AHVG zu verweisen, wonach die Beitragspflicht am 1. Januar des Jahres eintritt, in welchem das 17. Altersjahr zurückgelegt worden ist.

Selbst zu versteuern haben unmündige Kinder auch das an Stelle des Erwerbseinkommens tretende Ersatzeinkommen (z.B. SUVA-Renten, Taggelder aus Versicherungen). Keine eigentliche Ausnahme davon bildet die AHV-Halbwaisenrente, die dem Inhaber der elterlichen Sorge zugerechnet wird, da eine Halbwaisenrente kein Ersatzeinkommen darstellt (vgl. StP 24 Nr. 4 Besteuerung von Kinder- und Waisenrenten).

2.2. Formelle Aspekte

Noch nicht volljährige Kinder sind in zivilrechtlicher Hinsicht in gewissen Bereichen nur beschränkt handlungsunfähig (Art. 19 Abs. 2 ZGB). Gemäss Artikel 323 Absatz 1 ZGB kann das noch nicht volljährige Kind eigene Erwerbseinkünfte (frei) verwalten und nutzen.

Noch nicht volljährige Kinder sind in zivilrechtlicher Hinsicht in gewissen Bereichen nur beschränkt handlungsunfähig (Art. 19 Abs. 2 ZGB). Daraus ist eine beschränkte Partei- und Prozessfähigkeit abzuleiten (Christophe A. Herzig, Die Partei- und Pro-zessfähigkeit von Kindern und Jugendlichen sowie ihr Anspruch auf rechtliches Gehör, AJP 2/2013, S. 185), welche auch im Steuerverfahren betreffend die Steuerpflicht für eigene Erwerbseinkünfte zum Tragen kommt. Das selbständig besteuerte, noch nicht volljährige Kind ist damit Verfahrensrechtssubjekt, welches in Bezug auf das Veranlagungsverfahren betreffend eigene Erwerbseinkünfte selbständig Verfahrenspflichten und –rechte wahrzunehmen hat (Peter Locher, Kommentar zum DBG, Therwil/Basel 2001, N 43 zu Art. 9; Thomas A. Müller, Die solidarische Mithaftung im Bundessteuerrecht, Bern 1999, S. 224 [Fn. 121]).

Aus Gründen eines reibungslosen und geordneten Verfahrensablaufs empfiehlt es sich aber, alle gegenüber dem selbständig besteuerten Kind eröffneten Verfahrenshandlungen auch dem gesetzlichen Vertreter (Inhaber der elterlichen Sorge; KESB) zur Kenntnis zu bringen.

3. Haftungsaspekte

3.1. Erwerbseinkommen

Für eigenes Erwerbseinkommen haftet das selbständig besteuerte, noch nicht volljährige Kind allein.

3.2. Übrige Einkommens- und Vermögenswerte

Die übrigen Einkommens- und Vermögenswerte werden beim Inhaber der elterlichen Sorge besteuert, weshalb dieser auch primär für die Steuerforderung haftet. Gemäss § 16 Absatz 4 StG haften die unter elterlicher Sorge stehenden Kinder bis zum Betrag des auf sie entfallenden Anteils an der Gesamtsteuer solidarisch.

4. Beginn der vollständigen Steuerpflicht

Steuerpflichtige werden für ihr gesamtes Einkommen und Vermögen erstmals in dem Jahr selbständig und für das ganze Jahr veranlagt, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden (§ 59 Abs. 1 StG). Die „Steuermündigkeit“ tritt mit Erreichen der zivilrechtlichen Volljährigkeit (Art. 14 ZGB) ein.

Nicht unter elterlicher Sorge stehende Unmündige werden schon vor Eintritt der Volljährigkeit für ihr gesamtes Einkommen besteuert (§ 59 Abs. 2 StG).


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Aug. 21, 2023

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