StP 7 Nr. 1 Hauptsteuerdomizil
1. Allgemeines
Natürliche Personen sind unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie im Kanton ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben (§ 7 Abs. 1 StG).
Vorbehalten bleiben allfällige den kantonalen und bundesrechtlichen Bestimmungen vorgehende Doppelbesteuerungsabkommen.
2. Steuerrechtlicher Wohnsitz
Steuerrechtlichen Wohnsitz hat, wer sich mit der Absicht dauernden Verbleibens im Kanton Thurgau aufhält oder nach Bundesrecht einen besonderen gesetzlichen Wohnsitz hat. Der Besuch einer Lehranstalt oder der Aufenthalt in einer Anstalt zu Heilzwecken begründet keinen steuerlichen Wohnsitz (§ 7 Abs. 2 und 3 StG).
Der Begriff des Wohnsitzes lehnt sich dabei an den Wohnsitzbegriff im Zivilgesetzbuch (Art. 23 - 26 ZGB) an. Der Wohnsitz ist an zwei Voraussetzungen geknüpft:
objektive Voraussetzung: der Aufenthalt;
subjektive Voraussetzung: die Absicht dauernden Verbleibens.
Aufenthalt hat eine natürliche Person an dem Ort, wo sie tatsächlich anwesend ist. Der Aufenthalt wird zum Wohnsitz, wenn die natürliche Person mit dem tatsächlichen Verweilen die Absicht des dauernden Verbleibens verbindet. Dabei ist auf den Mittelpunkt der Lebensführung und der persönlichen Interessen abzustellen.
Der Mittelpunkt der Lebensinteressen bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen, nicht nach den bloss erklärten Wünschen der steuerpflichtigen Person. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist insofern nicht frei wählbar; eine bloss affektive Bevorzugung des einen oder anderen Ortes fällt nicht ins Gewicht (BGE 125 I 54).
Für eine Wohnsitzverlegung genügt es nicht, dass die Verbindungen zum bisherigen Wohnsitz gelöst werden; entscheidend ist vielmehr, dass nach den gesamten Umständen ein neuer Wohnsitz begründet worden ist. Dies gilt sowohl für das kan-tonale Verfahren als auch für das Verfahren bei der direkten Bundessteuer.
Es gilt der Grundsatz, dass niemand an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben kann. Der einmal begründete Wohnsitz bleibt grundsätzlich bis zum Erwerb eines neuen bestehen. Nicht entscheidend ist deshalb, wann der Steuerpflichtige sich am bisherigen Wohnort abgemeldet oder diesen verlassen hat. Begibt er sich ins Ausland, so hat er Steuern zu entrichten, bis er nachweisbar im Ausland einen neuen Wohnsitz begründet.
Im Gegensatz zu volljährigen und mündigen Personen bestimmt sich der Wohnsitz von Minderjährigen und Bevormundeten nach formellen Kriterien (gesetzlicher Wohnsitz). Der Wohnsitz Minderjähriger befindet sich demnach am Wohnsitz des Inhabers der elterlichen Sorge (Art. 25 Abs. 1 ZGB), der Wohnsitz Bevormundeter am Sitz der Vormundschaftsbehörde (Art. 25 Abs. 2 ZGB).
3. Beweislastumkehr aufgrund äusserer Umstände
Ergibt sich aufgrund objektiver, äusserer Umstände mit erheblicher Wahrscheinlichkeit, dass der Pflichtige seinen steuerrechtlichen Wohnsitz beibehalten bzw. verlegt hat (z.B. Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum im Kanton), so genügt dies in der Regel als Hauptbeweis. Es obliegt dann dem Steuerpflichtigen, den Gegenbeweis für den vom ihm behaupteten Lebensmittelpunkt zu erbringen.
Diese Beweislastumkehr rechtfertigt sich, weil angesichts der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen diejenige Partei die in Betracht fallenden Beweismittel zu nennen hat, der dies am ehesten möglich ist.
4. Steuerrechtlicher Aufenthalt
Steuerrechtlichen Aufenthalt hat, wer hier ungeachtet vorübergehender Unterbrechung während mindestens 30 Tagen verweilt und im Kanton erwerbstätig ist oder während mindestens 90 Tagen verweilt und nicht erwerbstätig ist (§ 7 Abs. 4 StG).
Wochenaufenthalter begründen an ihrem Arbeitsort grundsätzlich keinen steuer-rechtlichen Aufenthalt. Allenfalls wird der Wochenaufenthaltsort jedoch zum steuerrechtlichen Wohnsitz, wenn dieser zum Lebensmittelpunkt wird (vgl. StP 7 Nr. 3 Steuerrechtlicher Wohnsitz bei Wochenaufenthalt.
Bezüglich Saisonaufenthalts kann verwiesen werden auf StP 7 Nr. 4 Steuerdomizil bei Saisonaufenthalt .
5. Steuerdomizilentscheid
Die steuerpflichtige Person hat grundsätzlich einen verfassungsmässigen Anspruch darauf, dass bei strittigen Steuerdomizilen in einem dem Veranlagungsverfahren vorgelagerten Verfahren über die Veranlagungszuständigkeit befunden wird (siehe dazu Ziffer 1 StP 2 Nr. 26 Verfahren bei interkantonalen Sachverhalten).