StP 38a Nr. 1 Vereinfachtes Abrechnungsverfahren
1. Allgemeines
Das vereinfachte Abrechnungsverfahren ist in § 38a StG sowie in Artikel 37a DBG steuerrechtlich geregelt. Die Arbeitgeber können demnach das vereinfachte Abrechnungsverfahren in Anspruch nehmen, wenn (kumulativ):
der einzelne Lohn den Grenzbetrag gemäss Artikel 7 BVG nicht übersteigt,
die gesamte jährliche Lohnsumme des Betriebes nicht mehr als den zweifachen Betrag der maximalen jährlichen AHV-Altersrente beträgt,
sämtliche Löhne im vereinfachten Verfahren abgerechnet werden.
Das vereinfachte Verfahren ist nicht anwendbar für
Kapitalgesellschaften und Genossenschaften,
die Mitarbeit des Ehegatten sowie der Kinder im eigenen Betrieb.
Über die Durchführung des vereinfachten Abrechnungsverfahrens entscheidet der Arbeitgeber. Er kann das vereinfachte Abrechnungsverfahren auch gegen den Willen eines Arbeitnehmenden einführen.
2. Maximaler Lohn und maximale Lohnsumme
2019-2020 2021-2022 ab 2023
Maximaler Jahreslohn Arbeitnehmer/in Fr. 21’330 Fr. 21’510 Fr. 22’050
(Grenzbetrag gem. Artikel 7 BVG)
Maximale Jahreslohnsumme Betrieb Fr. 56 900 Fr. 57’400 Fr. 58’800
(zweifache max. AHV-Altersrente)
3. Grenzgänger
3.1. Wohnsitz Deutschland
Deutsche Grenzgänger mit Ansässigkeitsbescheinigung können, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Ziffer 2.1), für ihr in der Schweiz erzieltes Erwerbs-einkommen im vereinfachten Abrechnungsverfahren besteuert werden.
Weil dabei eine Besteuerung zu 5% anstelle der im Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland vorgesehenen 4.5% erfolgt, kann eine Rückerstattung von 0.5% beantragt werden.
3.2. Wohnsitz Österreich
Sind die Voraussetzungen erfüllt, können auch Löhne von österreichischen Grenzgängern im vereinfachten Abrechnungsverfahren besteuert werden.
Hier erfolgt keine Rückerstattung, da die Schweiz gemäss dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich das volle Besteuerungsrecht auf diesen Löhnen hat.
3.3. Wohnsitz Fürstentum Liechtenstein
Gemäss Artikel 15 Absatz 4 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit dem Fürstentum Liechtenstein werden Löhne von Grenzgängern im Wohnsitzstaat besteuert. Weil das Besteuerungsrecht dieser Löhne dem Fürstentum Liechtenstein zusteht, dürfen Arbeitgeber, die im Fürstentum Liechtenstein wohnende Grenzgänger beschäftigen, nicht im vereinfachten Verfahren abrechnen.
4. Ablauf in der Praxis
Die Anmeldung zum vereinfachten Verfahren erfolgt durch den Arbeitgeber bei der AHV-Ausgleichskasse, welche die Sozialversicherungsbeiträge und auch die Steuern erhebt. Damit werden geringfügige Löhne aus unselbständiger Erwerbstätigkeit einer Quellensteuer unterworfen.
Der im vereinfachten Verfahren abrechnende Arbeitgeber, als Schuldner der steuerbaren Leistung, ist verpflichtet, bei Fälligkeit von Geldleistungen die geschuldete Steuer zurückzubehalten und bei Naturalleistungen die geschuldete Steuer vom Steuerpflichtigen einzufordern. Zudem hat er die (Quellen-)Steuern periodisch der zuständigen AHV-Ausgleichskasse abzuliefern (§ 38a i.V.m. § 122 Abs. 1 StG).
Die AHV-Ausgleichskasse überweist die einkassierten Steuerbeträge an die zu-ständige Steuerbehörde und bescheinigt dem Steuerpflichtigen, d.h. dem Arbeitnehmer, dass ein Steuerabzug vorgenommen worden ist. Diese Bescheinigung ist vom Arbeitnehmer zusammen mit der Steuererklärung einzureichen.
5. Höhe der Steuer
Im vereinfachten Abrechnungsverfahren beträgt die Steuer gemäss § 38a StG kantonal 4.5% und beim Bund gemäss Artikel 37a DBG 0.5% des Bruttolohnes. Damit sind die Einkommenssteuern von Bund, Kanton und Gemeinden abgegolten.
Mit dem im vereinfachten Abrechnungsverfahren besteuerten Lohn zusammenhängende Aufwendungen werden bei der Festsetzung der Steuer nicht berücksichtigt (vgl. Ziff. 5.). Auch werden keine Sozialabzüge gewährt. Diese sind pauschal im Steuersatz berücksichtigt.
6. Auswirkungen auf die ordentliche Steuerveranlagung
6.1. Keine Berücksichtigung bei den Einkünften
Die im vereinfachten Abrechnungsverfahren besteuerten Löhne werden im ordentlichen Steuerveranlagungsverfahren des Arbeitnehmers bei der Festsetzung der Einkommenssteuer nicht mehr berücksichtigt (auch nicht für die Satzbestimmung). Auch wird keine Tarifkorrektur in Analogie zum ordentlichen Quellensteuer-verfahren gewährt.
Die Deklaration der im vereinfachten Abrechnungsverfahren besteuerten Löhne in der Thurgauer Steuererklärung dient nur noch Informationszwecken.
6.2. Keine Berücksichtigung bei den Abzügen
6.2.1. Ausschluss von Abzügen
Gemäss § 38a Absatz 1 StG und Artikel 37a Absatz 1 DBG werden die für kleine Arbeitsentgelte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit ohne Berücksichtigung der übrigen Einkünfte, allfälliger Berufskosten und Sozialabzüge besteuert, wobei die entsprechende Quellensteuer anstelle der Einkommenssteuer gilt. Daraus ist zu schliessen, dass im ordentlichen Veranlagungsverfahren entsprechende Abzugspositionen ebenfalls nicht geltend gemacht werden können.
Im Zusammenhang mit dieser Erwerbstätigkeit stehende Aufwendungen, wie etwa allgemeine Berufskosten oder Kinderbetreuungskosten werden in der ordentlichen Steuerveranlagung nicht berücksichtigt.
Auch wird der im vereinfachten Abrechnungsverfahren besteuerte Lohn bei der Berechnung des Zweiverdienerabzugs (Bund) nicht berücksichtigt.
6.2.2. Beiträge in die Säule 3a
Ein Säule 3a-Beitrag ist aber in der ordentlichen Veranlagung als Abzug zuzulassen (BGer 2C_916 2020). Die im vereinfachten Abrechnungsverfahren versteuerten Erwerbseinkünfte sind auch bei der Berechnung der Höhe des zulässigen Abzugs zu berücksichtigen (BGer 2C_916 2020).
6.2.3. Weitere Auswirkungen
Als Konsequenz daraus, dass der im vereinfachten Abrechnungsverfahren besteuerte Lohn keinerlei Auswirkungen auf das ordentliche Veranlagungsverfahren hat, wird dieser auch für die Berechnung des Selbstbehaltes bei den Krankheitskosten nicht berücksichtigt.
Werden nebst dem im vereinfachten Abrechnungsverfahren besteuerten Lohn weitere Erwerbseinkünfte erzielt, die dem ordentlichen Veranlagungsverfahren unterstehen, können (nur) die mit den ordentlich zu besteuernden Erwerbseinkünften im Zusammenhang stehenden Abzüge dort geltend gemacht werden.