StP 34 Nr. 3 Aufwendungen für Energiesparen und Umweltschutz
1. Allgemeines
Gemäss § 34 Absatz 1 Ziffer 1 StG können bei den Staats- und Gemeindesteuern die Aufwendungen für Energiesparen und Umweltschutz, wie die übrigen Unterhalts- und Verwaltungskosten, steuerlich in Abzug gebracht werden.
Für die Qualifikation als abzugsfähige Energie- und Umweltschutzmassnahmen sind gemäss Artikel 9 Absatz 3 Bst. a des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) die Bestimmungen des Bundes auch für die Staats- und Gemeindesteuern massgebend.
Bei der direkten Bundessteuer bestimmt gemäss Artikel 32 Absatz 2 DBG das Eidgenössische Finanzdepartement, wieweit Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, den Unterhaltskosten gleichgestellt werden können. Dazu sind in der Verordnung über die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nutzung erneuerbarer Energien vom 24.08.1992 die einzelnen Massnahmen aufgeführt, welche als Kosten für Energiesparen und Umweltschutz abzugsfähig sind.
Können Investitionskosten für Energiesparen und Umweltschutz in der Steuerperiode, in welcher die Aufwendungen angefallen sind, steuerlich nicht vollständig berücksichtigt werden, sind die nicht berücksichtigten Kosten auf maximal zwei nachfolgende Steuerperioden übertragbar bzw. abziehbar (vgl. StP 34 Nr. 2 Auf die beiden nachfolgenden Steuerperioden übertragbare Kosten). Die Übertragung ist möglich für ab der Steuerperiode 2020 angefallene Kosten.
2. Definition Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen
2.1. Allgemeines
Als Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, gelten Aufwendungen für Massnahmen, welche zur rationellen Energieverwendung oder zur Nutzung erneuerbarer Energien beitragen.
Diese Massnahmen beziehen sich auf den Ersatz von veralteten und die erstmalige Anbringung von neuen Bauteilen oder Installationen in bestehenden Gebäuden (Artikel 1 der Verordnung über den Abzug der Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer).
Wird eine betragsmässig grosse Investition mit einer nur sehr geringen Ressourceneinsparung getätigt, wird der Abzug nicht oder nur teilweise zugelassen bzw. gekürzt. Es liegt im Ermessen der entscheidenden Behörde, über die Angemessenheit der Investitionskosten im Vergleich zur erzielten Ressourceneinsparung zu befinden.
Als Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen gelten gemäss der Verordnung über die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nutzung erneuerbarer Energien die nachfolgenden Massnahmen.
2.2. Massnahmen zur Verminderung der Energieverluste der Gebäudehülle
Dazu zählen:
Wärmedämmung (Isolationen) von Böden, Wänden, Dächern und Decken gegen Aussenklima, unbeheizte Räume oder Erdreich;
Ersatz von Fenstern durch energetisch bessere Fenster als vorbestehend;
Anbringen von Fugendichtungen;
Einrichten von unbeheizten Windfängen;
Ersatz von Jalousieläden, Rollläden.
2.3. Massnahmen zur rationellen Energienutzung bei haustechnischen Anlagen
Dazu zählen:
Ersatz des Wärmeerzeugers, ausgenommen ist der Ersatz durch ortsfeste elektrische Widerstandsheizungen (stellt in der Regel ordentlichen Unterhalt dar);
Ersatz von Wassererwärmern, ausgenommen ist der Ersatz von Durchlauferhitzern durch zentrale Wassererwärmer (stellt in der Regel ordentlichen Unterhalt dar);
Anschluss an eine Fernwärmeversorgung (inkl. Anschlussgebühren). Dies gilt für Heizsysteme, welche durch Abwärme (z.B. Kehrichtverbrennungsanlage) gespiesen wie auch mit Sonnenenergie oder Biomasse (z.B. Holzschnitzelheizung als eigenständiger Betrieb in Form einer juristischen Person) betrieben werden;
Einbau von Wärmepumpen, Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen und Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Als zu fördernde erneuerbare Energien gelten: Sonnenenergie, Geothermie, mit oder ohne Wärmepumpen nutzbare Umgebungswärme, Windenergie und Biomasse (inkl. Holz oder Biogas);
Einbau und Ersatz von Installationen, die in erster Linie der rationellen Energienutzung dienen, wie:
– Regelungen, thermostatische Heizkörperventile, Umwälzpumpen, Ventilatoren;
– Wärmedämmungen von Leitungen, Armaturen oder des Heizkessels;
– Messeinrichtungen zur Verbrauchserfassung und zur Betriebsoptimierung;
– Installationen im Zusammenhang mit der verbrauchsabhängigen Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung;Kaminsanierung im Zusammenhang mit dem Ersatz eines Wärmeerzeugers;
Massnahmen zur Wärmerückgewinnung, z. B. bei Lüftungs- und Klimaanlagen.
2.4. Weitere Massnahmen
Des Weiteren abzugsfähig sind Kosten:
für energietechnische Analysen und Energiekonzepte, wie etwa für Wärmebilder und Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK);
für den Ersatz von Haushaltgeräten mit grossem Stromverbrauch, wie Kochherden, Backöfen, Kühlschränken, Tiefkühlern, Geschirrspülern, Waschmaschinen, Beleuchtungsanlagen usw., die im Gebäudewert eingeschlossen sind.
2.5. Förderbeiträge für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen
Förderbeiträge stellen (wie andere Subventionen auch) grundsätzlich steuerbares Einkommen dar. Wirtschaftlich betrachtet mindern Förderbeiträge für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen (z. B. von Bund, Kanton, Gemeinde, Stiftung Klimarappen, etc.) die vom Eigentümer selbst getragenen Kosten.
Erst im Folgejahr ausbezahlte Förderbeiträge können in der Praxis daher trotzdem in derjenigen Steuerperiode kostenmindernd deklariert werden, in welcher die Aufwendungen für Energie- und Umweltschutzmassnahmen angefallen sind. Erfolgt dies nicht, sind die Förderbeiträge im Jahr der Auszahlung als steuerbares Einkommen zu deklarieren.
3. Photovoltaikanlagen auf eigenem Dach
3.1. Bei bestehenden Bauten
Die Steuerverwaltung schliesst sich grundsätzlich den Empfehlungen der Analyse der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) zur steuerrechtlichen Qualifikation von Investitionen in umweltschonende Technologien wie Photovoltaikanlagen an. Aufwendungen für den Einbau in bestehende Bauten stellen abzugsfähige Energie- und Umweltschutzmassnahmen dar. Für solche Anlagen erhaltene Förderbeiträge werden steuerlich als Minderung der Gewinnungskosten behandelt.
Die Aufwendungen sind stets nach dem Fälligkeitsprinzip zu berücksichtigen. Eine dem Wertverzehr entsprechende Berücksichtigung der Kosten oder eine Verteilung auf zwei Jahre ist nicht zulässig. Die Etappierung des Bauvorhabens mit anfallenden Kosten in mehreren Bemessungsperioden ist jedoch zulässig.
3.2. Bei Neubauten
Aufwendungen für den Einbau von Photovoltaikanlagen in einen Neubau oder zeitnah zur Erstellung der Baute (innert fünf Jahre) stellen grundsätzlich keine abzugsfähigen Energie- und Umweltschutzmassnahmen, sondern nicht abzugsfähige Anlagekosten dar (vergl. Ziffer 4.3 nachfolgend). Für solche Anlagen erhaltene Förderbeiträge werden steuerlich als Minderung der Anlagekosten behandelt.
3.3. Abgrenzung Privat- oder Geschäftsvermögen
Sofern eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, gelten die vorgängigen Ausführungen nicht. Die Beurteilung des Gewinns und der geschäftsmässig begründeten Aufwendungen erfolgt in einem solchen Fall nach den für eine selbständige Erwerbstätigkeit geltenden üblichen Kriterien.
Ob eine Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach Privat- oder Geschäftsvermögen darstellt, hängt massgebend von der Qualifikation der Liegenschaft ab. Geschäftsvermögen liegt nur vor, wenn die Anlage auf einem Grundstück montiert wurde, das im Rahmen der Präponderanz als Geschäftsvermögen qualifiziert. Die Installation der Anlage führt in der Regel nicht zu einer Umqualifikation.
4. Nicht zum Abzug zugelassene Aufwendungen
Unter die nicht zum Abzug zugelassenen Aufwendungen fallen zum Beispiel die nachfolgenden Kosten.
4.1. Wintergärten / Balkonverglasungen
Die Kosten für einen Wintergarten sind in der Regel als wertvermehrend zu qualifizieren. In den Fällen, in denen nicht die Isolationswirkung, sondern der Gewinn eines Zusatzraumes Hauptbeweggrund für die Aufwendungen ist, fällt kein Abzug der Erstellungskosten des Wintergartens als Liegenschaftsaufwand in Betracht.
Die Ausnahmeregelung für die Abzugsmöglichkeit von Kosten für isolationsverbessernde und energiesparende Massnahmen vom steuerbaren Einkommen kommt nur zum Zuge, wenn an bestehenden Gebäuden eine energietechnische Verbesserung erreicht wird. Bei Neu- oder Anbauten von Wintergärten oder der Neuerstellung von Balkonverglasungen gelten die gesamten Investitionskosten als wertvermehrende Aufwendungen, und ein Abzug von energiesparenden Aufwendungen vom steuerbaren Einkommen ist dort nicht möglich.
Die Abzugsmöglichkeit wird bei jedem Einzelfall neu geprüft. Dem Bauherrn bleibt der Nachweis einer positiven Gesamtenergiebilanz offen.
4.2. Innenarchitektonische Massnahmen
Keine Aufwendungen für Umweltschutz und Energiesparmassnahmen sind:
Innenarchitektonische Massnahmen wie das Anbringen von Wand- und Deckenverkleidungen;
Massnahmen, die hauptsächlich der Verschönerung und des grösseren Wohnkomforts dienen, wie z. B. der Einbau von luxuriösen Kachelöfen und Cheminées.
4.3. Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen bei Neubauten
Bei Neubauten gelten die gesamten Investitionskosten als wertvermehrende Aufwendungen. Ein Abzug für Energiesparen oder Umweltschutz ist daher nicht möglich.
Dies gilt grundsätzlich auch für Investitionen, welche zeitnah zur Fertigstellung des Neubaus erfolgen. Auch in diesem Falle ist nicht von einem bestehenden Gebäude auszugehen. In der Praxis betrachtet die Steuerverwaltung Thurgau einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren ab Fertigstellung des Neubaus als zeitnah.
4.4. Lärmschutzmassnahmen
Gemäss der Verordnung über die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nutzung erneuerbarer Energien, in welcher die Lärmschutzmassnahmen im übrigen nicht aufgeführt sind, fallen unter Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen grundsätzlich nur Massnahmen, welche eine energiesparende und/oder umweltschonende Wirkung im Zusammenhang mit dem notwendigen Ressourcenverbrauch einer Liegenschaft bewirken.
Davon kann aber offensichtlich bei der Erstellung (z.B. einer Schallschutzmauer) oder Abänderung von Bauten im Sinne von Lärmschutzmassnahmen nicht gesprochen werden. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Lärmschutz einen Teil des Umweltschutzes darstellt. Solche Kosten gelten als Investitionen und können somit nicht als Unterhalt in Abzug gebracht werden.
4.5. Nutzung von Wasserkraft
Gemäss der Verordnung über die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nutzung erneuerbarer Energien wird die Nutzung der Wasserkraft im Rahmen des DBG nicht gefördert. Aufwendungen zur Nutzung der Wasserkraft können daher nicht als Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen in Abzug gebracht werden. Dies gilt auch für eine sogenannte Regenwassersammelanlage.
4.6. Installationskosten einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge
Gemäss der Verordnung über die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nutzung erneuerbarer Energien sind nur Kosten abzugsfähig, welche direkt die Liegenschaft betreffen. Durch die getroffenen Massnahmen muss der Energieverlust der Gebäudehülle gemindert werden oder die haustechnischen Anlagen auf eine rationelle Energienutzung umgerüstet werden (energetisch bessere Fenster, bessere Isolation, Photovoltaikanlagen etc.). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Energiesparmassnahmen eine restriktive Auslegung angezeigt (BGer 2C_727/2012 und 2C_729/2012 vom 18. Dezember 2012, E. 2.2.2).
Die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge dient der effizienteren Nutzung von Energie für den Individualverkehr (Elektroantrieb statt Verbrennungsmotor), also ausschliesslich für die "Betankung" des Elektroautos. Die Installation der Steckdose steht – auch in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage (mit oder ohne Stromspeicher) – nicht im Zusammenhang mit einer Energiesparmassnahme oder erneuerbarer Energien des Gebäudes.
Die Installation einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge stellt somit keine Energiesparmassnahme im Sinne der Verordnung über die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nutzung erneuerbarer Energien dar. Dafür anfallende Kosten sind folglich nicht abzugsfähig.