StP 30 Nr. 12 Rückstellungen für WIR-Guthaben und WIR-Bezüge
1. Allgemeines
Nach den Geschäftsbedingungen der Wirtschaftsring-Genossenschaft (WIR) besitzt WIR-Geld volle Kaufkraft. Ein Minderwert gegenüber dem Währungsgeld wird verneint.
Tatsache ist aber, dass WIR-Guthaben nur beschränkt verwendbar sowie zinslos sind und dass bei Bezahlung mit WIR-Checks oft schlechtere Kaufbedingungen (z. B. keine Rabatte, kein Skonto) hingenommen werden müssen.
Den WIR-Teilnehmern ist es zwar untersagt, bei Bezahlung mit WIR-Checks einen höheren Preis zu fordern als bei Barzahlung („Jeder WIR-Teilnehmer verpflichtet sich beim Eintritt, die WIR-Kunden reell und zu gleichen Preisen wie die bar zahlenden Kunden zu bedienen.“). Untersagt ist auch der Handel mit WIR-Checks („Es ist verboten, Blanko-Buchungsaufträge ohne Namen des Empfängers auszustellen.“). Trotzdem wird nach wie vor rege mit WIR-Checks gehandelt.
Die beschränkten Verwendungsmöglichkeiten und die gelegentlich überhöhten, schwer abbaubaren WIR-Guthaben zwingen im Einzelfall immer wieder zu Verkäufen mittels Blanco-Buchungsaufträgen.
Beim Verkauf zur Beschaffung von gesetzlichen Zahlungsmitteln wird jedoch erfahrungsgemäss mit einem Einschlag von bis zu 25% des Nominalwertes gerechnet.
2. Steuerliche Behandlung von WIR-Guthaben
2.1. Offizielle WIR-Teilnehmer
Offizielle WIR-Teilnehmer, die zur Annahme von mindestens 30% WIR-Checks verpflichtet sind, können anstelle des Nominalwertes den niedrigeren Verkehrswert versteuern.
Ohne besonderen Nachweis wird eine Delkredere-Rückstellung von 20% des Nominalwertes von WIR-Guthaben zugelassen. Der Nachweis höherer Verlustrisiken bleibt vorbehalten.
2.2. Stille WIR-Teilnehmer
Stille WIR-Teilnehmer, die nicht zur Annahme von WIR-Checks verpflichtet sind und deshalb ihren WIR-Umsatz weitgehend nach persönlichem, gezieltem Bedarf ausrichten können, haben auf ihren Guthaben nur einen geringen Einschlag wegen allfällig schlechteren Kaufbedingungen hinzunehmen.
Beim Kauf von Gebrauchsgütern ist beispielsweise volle Kaufkraft anzunehmen, weil dabei normalerweise weder Barzahlungsrabatte noch Skonti gewährt werden. Im Vergleich zum Bargeld ist deshalb nur eine reduzierte Kaufkrafteinbusse festzustellen.
Ohne besonderen Nachweis wird bei stillen WIR-Teilnehmern eine Delkredere-Rückstellung von 5% gewährt.
2.3. WIR-Checks anstelle von Barlohn
2.3.1. Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer
Die Steuerverwaltung Thurgau schliesst sich der Empfehlung der Schweizerischen Steuerkonferenz an, wonach WIR-Checks als Geld und nicht als Naturalleistung bzw. nicht als Naturalgeschenk (Gutschein) zu qualifizieren sind. Der Nominalwert der als Lohnzahlung erhaltenen WIR-Checks bildet somit zu 100% Teil des Bruttolohns. Dies gilt auch für den (Allein-)Anteilsinhaber einer Gesellschaft.
Kauft ein Mitarbeiter beim Arbeitgeber WIR-Checks mit Einschlag, stellt die Differenz zwischen dem Nominalwert und dem Erwerbspreis eine steuerbare Gehaltsnebenleistung dar. Davon ausgenommen ist der Kauf von WIR-Checks durch den (Allein-) Anteilsinhaber (vgl. Ziffer 2.4.1. dieser Weisung).
Auch wenn der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass er die WIR-Checks zu einem tieferen Wert als zum Nominalwert verwenden musste, ist für den Lohnausweis trotzdem der Nominalwert massgebend. Der Arbeitnehmer kann im Veranlagungsverfahren aber gegen einen entsprechenden Nachweis verlangen, dass für die Besteuerung auf den tatsächlich erzielten Wert abgestellt wird.
2.3.2. Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber
Der Arbeitgeber hat die Lohnzahlungen in WIR-Checks zum Nominalwert im Lohnausweis des Arbeitnehmers aufzuführen. Dies gilt auch, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ohne besondere Gegenleistung WIR-Checks erhält. Ebenfalls im Lohnausweis aufzuführen ist die Differenz zwischen Nominalwert und dem Erwerbspreis bei der verbilligten Abgabe von WIR-Checks an den Arbeitnehmer.
Der in WIR-Checks ausbezahlte Lohnanteil stellt zu 100% AHV-pflichtigen Lohnaufwand dar. Der Einschlag auf für Lohnzahlungen verwendeten WIR-Checks ist somit als Lohnaufwand zu qualifizieren.
2.4. Privatentnahme oder Kauf von WIR-Checks
2.4.1. Durch den Betriebsinhaber oder den Aktionär
Im Geschäftsverkehr gehört es zum geschäftlichen Alltag, dass WIR-Geschäfte getätigt werden müssen und somit die WIR-Entnahmen nur begrenzt freiwillig erfolgen. Daher wird bei einer Privatentnahme von WIR-Checks durch den Inhaber einer Personenunternehmung für die Kaufkrafteinbusse ohne nähere Prüfung ein Einschlag (Abschreibung) von 10% gewährt. Kauft der (Allein-)Anteilsinhaber von seiner Gesellschaft (Juristische Person) WIR-Checks unter dem Nominalwert (Buchung über Kontokorrent), gelten aus Gründen der Gleichbehandlung dieselben Regelungen.
Ein Einschlag von mehr als 10% gilt bei der Privatentnahme oder beim Kauf von WIR-Checks in der Regel nicht als geschäftsmässig begründet und wird daher:
beim steuerbaren Einkommen des Selbständigerwerbenden aufgerechnet,
bzw. beim Gewinn der Gesellschaft aufgerechnet und beim Anteilsinhaber als geldwerte Leistung besteuert.
Sofern der Nachweis erbracht wird, dass eine höhere Kaufkrafteinbusse bei der Verwendung vorliegt, ist eine höhere Abschreibung zuzulassen bzw. die Entnahme mit einem höheren Einschlag möglich.
Sofern der Selbständigerwerbende oder der (Allein-)Anteilsinhaber die Privatentnahme bzw. den Kauf der WIR-Checks für steuerlich abziehbare Auslagen (vor allem Liegenschaftsunterhalt), für wertvermehrende Aufwendungen an Grundstücken oder für den Kauf einer Liegenschaft verwendet, so wird kein Einschlag gewährt. In diesen Fällen wird die Abschreibung in der Personenunternehmung oder der Gesellschaft nicht zugelassen bzw. muss der Bezug zum Nominalwert erfolgen. Ansonsten würde ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil entstehen.
2.4.2. Durch unabhängige Drittpersonen
Werden WIR-Checks an unabhängige Drittpersonen verkauft, wird eine Abschreibung im Ausmass der Differenz zwischen Nominalwert und Verkaufspreis akzeptiert. Arbeitnehmer und dem Inhaber bzw. dem (Allein-)Aktionär nahestehende Drittpersonen gelten nicht als unabhängige Drittpersonen.
Bei unabhängigen Drittpersonen stellt ein allfälliger Gewinn aus dem Kauf von WIR-Checks unter dem Nominalwert in der Regel einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn dar. Davon ausgenommen ist der gewerbsmässige Handel mit WIR-Checks.