Skip to main content
Skip table of contents

StP 18 Nr. 4 Forderungsverzichte auf Geschäfts- und Privatschulden

1. Allgemeines

Der Einkommenssteuer unterliegen gemäss § 18 StG bzw. Artikel 16 DBG grundsätzlich alle wiederkehrenden oder einmaligen in- und ausländischen Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, Sozial- und anderen Versicherungen, beweglichem Vermögen und weiteren Einkommensquellen (Einkommensgeneralklausel, vgl. auch StP 18 Nr. 1 Steuerbare Einkünfte).

Im Steuerrecht beruht der Einkommensbegriff nach herrschender Lehre und bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundlegend auf der Reinvermögenszugangstheorie. Danach ist als Einkommen die Gesamtheit der Wirtschaftsgüter zu betrachten, welche dem Pflichtigen während einer bestimmten Zeit zufliessen und die er ohne Schmälerung (Verzehr) seines Vermögens zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse und seiner laufenden Wirtschaft (Zuwendungen, Sparen, Anlage, Deckung von eingetretenen Verlusten) verwenden kann.

Auch der Forderungsverzicht eines Gläubigers stellt beim Schuldner grundsätzlich eine Einkunft im Sinne von § 18 StG bzw. Artikel 16 DBG dar.

2. Forderungsverzicht auf Geschäftsschulden

Nach herrschender Lehre ist anerkannt, dass der Erlass einer Geschäftsschuld beim begünstigten Schuldner (natürliche Person) Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 20 StG bzw. Artikel 18 DBG darstellt.

3. Forderungsverzicht auf Privatschulden

3.1. Allgemeines

Beim Forderungsverzicht von Privatschulden stellt sich die Frage, ob es sich bei diesem Reinvermögenszugang beim Schuldner um einen – im Privatvermögen – steuerfreien Kapitalgewinn nach § 26 Ziffer 5 StG bzw. Artikel 16 Absatz 3 DBG handelt. Ein Kapitalgewinn ist auf die Veräusserung des Vermögenswertes zurückzuführen. Dagegen wird beim Forderungsverzicht die Leistung vom Gläubiger und nicht vom Käufer erbracht. Der Vorgang betrifft mithin die Gläubiger/Schuldner-Beziehung. In Anlehnung an das subjektive Herkunftsprinzip liegt somit kein Kapitalgewinn vor. Immerhin wäre denkbar, dass eine Schuld schenkungshalber erlassen wird, was aber unter unabhängigen Dritten (z.B. einer Bank) nicht zu vermuten ist.

Im Zusammenhang mit Werteinbussen auf Liegenschaften des Privatvermögens stellt ein Forderungsverzicht im Sinne von Artikel 115 OR auch keine steuerfreie Schadenersatzleistung dar.

In der Praxis bleiben Sanierungsleistungen im Geschäftsvermögen in der Regel „steuerfrei“, weil sie mit entsprechenden Verlusten verrechnet werden können. Im Privatvermögen ist eine „Gesamtbetrachtung“ nicht statthaft, weil einerseits Verluste nicht absetzbar und andererseits Kapitalgewinne steuerfrei sind. Darin liegt kein Verstoss gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

3.2. Steuerliche Behandlung

Verzichtet ein Gläubiger auf eine Forderung, stellt dieser Vorgang beim Schuldner nach der massgebenden Reinvermögenszugangstheorie grundsätzlich Einkommen im Sinne von § 18 Absatz 1 StG bzw. Artikel 16 Absatz 1 DBG dar.

Nur ein tatsächlich zugeflossener Vorteil kann steuerbares Einkommen bilden. Der Vorteil bemisst sich dabei nach dem objektiven Wert der erlassenen Forderung im Zeitpunkt des Verzichts und nicht nach der nominellen Höhe der Forderung bzw. der Schuld. Durch den Erlass einer werthaltigen Forderung vergrössert sich der finanzielle Spielraum des Steuerpflichtigen nur in diesem Ausmass. Im Mehrumfang des Schulderlasses bleiben ihm dagegen keine Mittel, die er für seinen täglichen Bedarf oder für Investitionen zur Verfügung hätte, weshalb er insofern nicht als bereichert gelten kann. Andernfalls müsste zum Beispiel bei jedem Steuerlass konsequenterweise - im Ausmass des erlassenen Steuerbetrags - ein steuerbares Einkommen aufgerechnet werden.

Der Forderungserlass stellt somit nur im Umfang der nach der Bonität des Schuldners bemessenen Werthaltigkeit der Forderung im Zeitpunkt des Verzichts beim Schuldner steuerbares Einkommen dar.

3.3. Forderungsverzicht als Schenkung

Handelt es sich beim Gläubiger um einen nahestehenden Dritten des Schuldners, wird der Forderungsverzicht unter Umständen als Schenkung qualifiziert. Diesfalls untersteht die erlassene Forderung nicht der Einkommenssteuer, sondern der Schenkungsteuer. Hat der Schenkgeber Wohnsitz im Kanton Thurgau, bleibt die Schenkung steuerfrei, sofern es sich beim beschenkten Schuldner um den Ehegatten oder direkte Nachkommen des Gläubigers handelt.


Ältere Versionen

Datei Geändert

PDF-Datei 018-04-V2009-15.10.pdf

Aug. 21, 2023

JavaScript errors detected

Please note, these errors can depend on your browser setup.

If this problem persists, please contact our support.