Skip to main content
Skip table of contents

StP 164 Nr. 1 Einspracheverfahren

1. Allgemeines

Gegen den Veranlagungsentscheid kann die steuerpflichtige Person innert 30 Tagen nach Zustellung bei der Veranlagungsbehörde schriftlich Einsprache erheben (Art. 132 Abs. 1 DBG; § 164 Abs. 1 StG). Die steuerpflichtige Person braucht die Einsprache nicht zu begründen, ausser bei Ermessensveranlagungen (vgl. StP 164 Nr. 3 Einsprache gegen eine Ermessenseinschätzung).

Das Einspracheverfahren ist in der Regel mündlich und kostenlos. Im Einspracheverfahren hat die Behörde die gleichen Befugnisse wie im Veranlagungsverfahren (Art. 134 Abs. 1 DBG; § 165 Abs. 2 StG).

Die Behörde kann alle Steuerfaktoren neu festsetzen. Nach Anhören des Steuerpflichtigen kann sie die Veranlagung auch zu seinem Nachteil abändern (Art. 135 Abs. 1 DBG; § 166 Abs. 1 StG; sog. reformatio in peius). Der Entscheid ist kurz zu begründen.

2. Formerfordernisse

Die Einsprache muss grundsätzlich schriftlich erhoben werden. Zudem muss sie eine eigenhändige Unterschrift des Einsprechers oder seines Vertreters enthalten. Der Einsprecher kann auf eine schriftliche Begründung verzichten.

Gemäss § 162 Absatz 2 StG muss eine Einsprache gegen eine Ermessenseinschätzung überdies begründet sein und allfällige Beweismittel nennen (vgl. StP 164 Nr. 3 Einsprache gegen eine Ermessenseinschätzung).

Ist ungewiss, ob ein Einsprachewille (d.h. der Wille, die entsprechende Verfügung anzufechten) vorhanden ist, muss der steuerpflichtigen Person Gelegenheit gegeben werden, sich zur Frage zu äussern, ob sie die Verfügung durch Einsprache anfechten wolle. Die entsprechende Aufforderung kann mit einer Fristansetzung und der Androhung, die Eingabe werde im Säumnisfall nicht als Einsprache behandelt, verbunden werden (vgl. Zweifel/Hunziker, in: Zweifel/Beusch [Hrsg.], Kommentar zum DBG, 4. Aufl., Basel 2022, Art. 132 N 19).

3. Fristwahrung

Zur Wahrung einer Frist müssen schriftliche Eingaben vor Ablauf der Frist der Steuerbehörde oder der schweizerischen Post übergeben werden. Die Beweislast für die rechtzeitige Zustellung trägt die steuerpflichtige Person. Den Zeitpunkt der Zustellung (fristauslösendes Ereignis gemäss Art. 133 DBG) hat die Veranlagungsbehörde nachzuweisen (Zweifel/Hunziker, Art. 132 N 21 m.w.H.). Da es sich bei der Einsprachefrist um eine gesetzliche Frist handelt, kann sie keinesfalls erstreckt werden.

4. Fristwiederherstellung

Nach § 164 Absatz 3 StG kann eine versäumte Frist auf begründetes Gesuch hin wiederhergestellt werden, wenn den Säumigen oder seinen Vertreter kein Verschulden trifft.

Das Fristwiederherstellungsgesuch ist innert 30 Tagen seit Wegfall des Hinderungsgrundes bei der Veranlagungsbehörde einzureichen.

Die Fristwiederherstellung ist in der Steuerpraxis detailliert beschrieben unter StP 164 Nr. 2 Fristwiederherstellung .

5. Neuansetzung einer Einspracheverhandlung

Eine neue Einspracheverhandlung wird nur angesetzt, wenn sich die steuerpflichtige Person vorher entschuldigt hat oder wenn wichtige Gründe wie Landesabwesenheit, Krankheit oder Militärdienst ihn an einer rechtzeitigen Entschuldigung gehindert haben (§ 39 StV). Damit sind dieselben Gründe wie bei der Fristwiederherstellung gemeint (vgl. StP 164 Nr. 2 Fristwiederherstellung). Eine Neuansetzung einer Einspracheverhandlung ist also in der Regel nur dann gerechtfertigt, wenn sich der Steuerpflichtige vorher entschuldigt hat.

Nimmt die steuerpflichtige Person an der angesetzten Einspracheverhandlung unentschuldigt nicht teil, so nimmt die Veranlagungsbehörde den Einspracheentscheid aufgrund der vorhandenen Akten vor. Dabei wird auf allenfalls in einer schriftlichen Einsprachebegründung vorgebrachte Argumente eingegangen. Lässt die Aktenlage keinen Entscheid zu, werden zusätzliche Unterlagen von der steuerpflichtigen Person einverlangt.

6. Begründungspflicht

Der Einspracheentscheid ist gemäss Artikel 135 Absatz 2 DBG und § 166 Absatz 2 StG zu begründen. Als hinreichende Begründung gilt grundsätzlich ein Hinweis auf die Abweichungen zur Steuererklärung (Zweifel/Hunziker, Art. 135 N 9). Im konkreten Einzelfall kann aber auch eine kurze Begründung unter Verweis auf die tatsächlichen und rechtlichen Überlegungen der Veranlagungsbehörde angezeigt erscheinen (Zweifel/Hunziker, Art. 135 N 9).

Der Mangel eines ungenügend begründeten Einspracheentscheids kann grundsätzlich im Rekursverfahren geheilt werden.

7. Erfordernis der Unterschrift

Gemäss § 18 Absatz 1 Ziffer 8 VRG muss ein Entscheid die erforderlichen Unterschriften enthalten. Handelt es sich jedoch nicht um eine Verwaltungsstreitsache, kann bei einer Vielzahl gleichartiger Entscheide in Form von Computerausdrucken auf die Unterschrift verzichtet werden (§ 18 Abs. 3 VRG).

Beim Veranlagungsverfahren handelt es sich um ein Massenverfahren, bei dem auf die Unterschrift verzichtet werden kann. Das Einspracheverfahren ist ebenfalls keine Verwaltungsstreitsache, sondern führt das Veranlagungsverfahren weiter und zum Abschluss. Das geht bereits aus § 166 StG hervor, welcher bestimmt, dass die Behörde im Einspracheverfahren alle Steuerfaktoren neu festsetzen kann. Dementsprechend rechtfertigt es sich, § 18 Absatz 3 VRG auf das steuerrechtliche Einspracheverfahren anzuwenden und vom Gültigkeitserfordernis der Unterschrift beim Einspracheentscheid abzusehen.

Praxisgemäss werden die Einspracheentscheide vor allem höflichkeitshalber trotzdem unterschrieben. Dies ändert aber nichts daran, dass der Einspracheentscheid auch ohne Unterschrift gültig ist.

8. Rückzug der Einsprache

Die steuerpflichtige Person kann die Einsprache jederzeit zurückziehen (Zweifel/Hunziker, Art. 134 N 20). Als unmittelbare Folge davon, erwächst die angefochtene Veranlagung unverzüglich in Rechtskraft, ohne dass die Veranlagungsbehörde einen formellen Abschreibungsentscheid erlassen müsste.

Ist der Einspracherückzug Folge einer angekündigten reformatio in peius im Sinn von Artikel 135 Absatz 1 DBG bzw. § 166 Absatz 1 StG oder will die steuerpflichtige Person dadurch einer drohenden Höherbesteuerung entgehen, kann die Veranlagungsbehörde den Einspracherückzug verweigern, wenn anzunehmen ist, dass die Veranlagung unrichtig war (Art. 134 Abs. 2 DBG; § 165 Abs. 3 StG).


Ältere Versionen

Datei Geändert

PDF-Datei 164-01-V2024-01.01.pdf

Dez. 14, 2023

PDF-Datei 164-01-V2023-01.07.pdf

Dez. 14, 2023

PDF-Datei 164-01-V2017-01.07.pdf

Dez. 14, 2023

PDF-Datei 164-01-V2016-01.01.pdf

Dez. 14, 2023

PDF-Datei 164-01-V2009-15.10.pdf

Dez. 14, 2023

PDF-Datei 164-01-V2008-01.01.pdf

Dez. 14, 2023

PDF-Datei 164-01-V2007-30.06.pdf

Dez. 14, 2023

PDF-Datei 164-01-V2002-01.01 CIneu.pdf

Dez. 14, 2023

JavaScript errors detected

Please note, these errors can depend on your browser setup.

If this problem persists, please contact our support.