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StP 36 Nr. 6 Kinder- und Ausbildungsabzüge bei getrennt besteuerten Eltern

1. Allgemeines

Bei der direkten Bundessteuer bildet das Kreisschreiben Nr. 30 „Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)“ der Eidg. Steuerverwaltung (EStV) vom 21.12.2010 die massgebende Grundlage für die Zuteilung der Kinderabzüge.

Ab der Steuerperiode 2018 lehnt sich bei den Staats- und Gemeindesteuern 2018 die Praxis bei der Zuteilung der Kinderabzüge, unter Vorbehalt einiger Abweichungen, ebenfalls an dieses EStV-Kreisschreiben an.

2. Zuteilung Kinderabzüge bei minderjährigen Kindern

2.1. Allgemeines

Ob periodische Unterhaltsbeiträge für das minderjährige Kind geleistet werden, ist für die Zuteilung des Kinderabzugs von Bedeutung. Je nach dem gelten andere Zuteilungsgrundsätze.

Ist das Kind am Ende der betreffenden Steuerperiode volljährig, sind aufgrund des Stichtagsprinzip (vgl. StP 36 Nr. 1 Sozialabzüge) die Zuteilungsgrundsätze für volljährige Kinder nach Ziffer 3 dieser Weisung massgebend.

Die nachfolgenden Ausführungen gelten grundsätzlich auch für die Zuteilung des Abzugs für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien nach § 34 Absatz 1 Ziffer 9 StG bzw. Artikel 33 Absatz 1 Bst. g DBG (vgl. StP 34 Nr. 19 Prämien für Lebens-, Renten-, Kranken- und Unfallversicherungen sowie Zinsen von Sparkapitalien) sowie des Vermögensfreibetrags nach § 53 Absatz 1 StG (vgl. StP 53 Nr. 1 Berechnung Vermögenssteuer).

2.2. Bei Leistung von periodischen Unterhaltsbeiträgen

Sofern periodische Unterhaltsbeiträge (Alimente) für das minderjährig Kind geleistet werden, hat grundsätzlich der die Leistungen empfangende Elternteil Anspruch auf den Kinderabzug.
Diese Zuteilung gilt sowohl bei den Staats- und Gemeindesteuern als auch bei der direkten Bundessteuer.

2.3. Ohne Leistung von periodischen Unterhaltsbeiträgen

2.3.1. Allgemeines

Fliessen keine periodischen Unterhaltsbeiträge (Alimente), wird die Zuteilung der Kinder- und Ausbildungsabzüge nach den folgenden Kriterien beurteilt:

  • Besteht ein gemeinsames Sorgerecht?

  • Besteht eine alternierende Obhut?

  • Welcher Elternteil leistet den grösseren Anteil an der Betreuung?

  • Haben die getrennt besteuerten Eltern einen gemeinsamen Haushalt?

Gemäss Artikel 298a ZGB kann die elterliche Sorge bei unverheirateten oder getrennt lebenden Eltern beiden Elternteilen zugewiesen werden. Bei der Zuteilung des Kinderabzugs ist zu beachten, ob ein gemeinsames oder nur ein alleiniges Sorgerecht für das gemeinsame Kind besteht.

Wie die Zuteilung des Kinderabzugs für ein minderjähriges Kind vorgenommen wird, wenn keine periodischen Unterhaltsbeiträge fliessen, ist nachfolgend beschrieben.

2.3.2. Bei alleinigem Sorgerecht

Besteht für das gemeinsame Kind kein gemeinsames Sorgerecht und fliessen keine periodischen Unterhaltsleistungen (Alimente), steht der Kinderabzug grundsätzlich demjenigen Elternteil zu, welcher Inhaber der elterlichen Sorge ist.

Diese Zuteilung gilt sowohl bei den Staats- und Gemeindesteuern als auch bei der direkten Bundessteuer.

2.3.3. Staats- und Gemeindesteuern: Zuteilung bei gemeinsamem Sorgerecht

Bis und mit der Steuerperiode 2017 wurden die Kinderabzüge immer ungeteilt einem Elternteil zugeteilt (vgl. Ziff. 4 dieser Weisung). Ab der Steuerperiode 2018 sieht § 12a Absatz 2 StV eine hälftige Teilung des Kinderabzugs bei den Staats- und Gemeindesteuern vor, wenn sich das (minderjährige) Kind in alternierender Obhut beider Elternteile befindet und für das Kind keine periodischen Unterhaltsbeiträge nach § 34 Absatz 1 Ziffer 5 StG fliessen.

Das Vorliegen eines gemeinsamen Sorgerechts für das gemeinsame minderjährige Kind reicht somit für die Aufteilung des Kinderabzugs nicht aus. Im Gegensatz zur direkten Bundessteuer (vgl. Ziff. 3.3.) wird für die hälftige Aufteilung des Kinderabzugs zudem eine alternierende Obhut vorausgesetzt. Ob eine alternierende Obhut vorliegt, wird nach folgenden Kriterien beurteilt:

  • Getrennt besteuerte Eltern ohne gemeinsamen Haushalt
    Bei getrennt besteuerten Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge ohne einen gemeinsamen Haushalt liegt eine alternierende Obhut vor, wenn das Kind mehr oder weniger gleich oft abwechselnd bei Mutter und Vater lebt. Fliessen zudem keine periodischen Unterhaltsbeiträge, wird der Kinderabzug hälftig aufgeteilt.
    Keine alternierende Obhut liegt vor, wenn das Kind jeweils nur im Rahmen des Besuchsrechts das Wochenende oder die Ferien beim anderen Elternteil verbringt. Befindet sich das Kind nicht in alternierender Obhut, steht der Abzug dem mit dem Kind im gleichen Haushalt lebenden Elternteil zu.

  • Getrennt besteuerte Eltern mit gemeinsamen Haushalt (Konkubinatspaar)
    Beim gemeinsamen Kind eines Konkubinatspaares wird nicht von einer alternierenden Obhut im Sinne von § 12a Absatz 2 StV ausgegangen. Der Kinderabzug wird ungeteilt einem der beiden Elternteile zugesprochen.

Besteht ein gemeinsames Sorgerecht, liegt aber keine alternierende Obhut vor, steht der Kinderabzug ungeteilt demjenigen Elternteil zu, der (finanziell) zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Dies ist in der Regel derjenige Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt.

2.3.4. Direkte Bundessteuer: Zuteilung bei gemeinsamem Sorgerecht

Fliessen keine Unterhaltszahlungen (Alimente), erfolgt bei getrennt besteuerten Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge für das gemeinsame minderjährige Kind eine hälftige Teilung des Kinderabzugs. Dies gilt sowohl bei Eltern mit gemeinsamem Haushalt als auch bei Eltern ohne gemeinsamen Haushalt.

3. Zuteilung Kinderabzüge bei volljährigen Kindern

3.1. Im Jahr des Eintritts der Volljährigkeit

Aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine echte Gesetzeslücke betreffend die Konstellation getrennt besteuerter Eltern im Jahr des Eintritts der Volljährigkeit des Kindes vor, welche gestützt auf Artikel 1 Absatz 2 ZGB durch Richterrecht zu schliessen ist (BGer, 11.3.2019, 2C_905/2017, E. 2.9). Dabei bietet es sich an, die Kinderabzugszuteilung bei unterjähriger Steuerpflicht im Sinn von Artikel 35 Absatz 2 und 3 DBG analog heranzuziehen.

Der unterhaltsverpflichtete Elternteil kann die für sein Kind bezahlten Unterhaltsleistungen bis zu dessen Volljährigkeit zum Abzug geltend machen, während der andere Elternteil diese Unterhaltsbeiträge als Einkommen zu versteuern hat. Mit dem Eintritt der Volljährigkeit tritt ein Systemwechsel ein, indem der unterhaltsverpflichtete Elternteil neu für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Daher rechtfertigt es sich, den Kinderabzug im Jahr des Eintritts der Volljährigkeit des Kindes getrennt besteuerter Eltern auf die beiden Elternteile pro rata temporis aufzuteilen (BGer, 11.3.2019, 2C_905/2017, E. 2.9). Für die Dauer von Beginn der Steuerperiode bis zum Tag des Eintritts der Volljährigkeit des Kindes steht der Kinderabzug dem bisher unterhaltsberechtigten Elternteil zu; für die Dauer ab Volljährigkeit bis zum Ende der Steuerperiode hat der unterhaltsverpflichtete Elternteil Anspruch auf den Kinderabzug, sofern während des ganzen Jahres geleistete Unterhaltsbeiträge in der Höhe des Sozialabzugs erbracht worden sind (BGer, 11.3.2019, 2C_905/2017, E. 2.10).

Diese zur direkten Bundessteuer ergangene Rechtsprechung gilt auch für die Belange der Staats- und Gemeindesteuern. Auch diesbezüglich wird der Kinderabzug nach Dauer der "Unterstützung" der Elternteile pro-rata-temporis auf beide Elternteile aufgeteilt.

Beispiel
Der Vater eines am 30.12.2003 geborenen Kindes zahlt monatlich CHF 2'000 Kinderalimente an die von ihm getrennt besteuerte Mutter des Kindes. Das Kind wird am 30. Dezember 2021 mündig:

  • Für die Steuerperiode 2021 kann der unterhaltsverpflichtete Vater neben dem Abzug der Kinderalimenten auch einen pro-rata-temporis-Kinderabzug beanspruchen (CHF 8'000/3652 = CHF 44).

  • Die unterhaltsberechtigte Mutter hat die entsprechenden Unterhaltsbeiträge bis zum Eintritt der Volljährigkeit zu versteuern, kann im Gegenzug aber den gekürzten Kinderabzug geltend machen (CHF 8'000/365x363 = CHF 7'956).

3.2 Auf das Jahr der Volljährigkeit folgende Steuerperioden

Bei volljährigen Kindern wird der Kinderabzug sowohl bei den Staats- und Gemeindesteuern als auch bei der direkten Bundessteuer immer ungeteilt einem Elternteil zugesprochen.

Ab der Volljährigkeit wird der Kinderabzug demjenigen Elternteil zugestanden, der von den gesamten Lebenshaltungs- und Ausbildungskosten des Kindes mehr als die Hälfte mit seinen Unterhaltsbeiträgen oder durch Zurverfügungstellung von Kost und Logis trägt. Dies ist in der Regel der Elternteil, welcher Unterhaltsbeiträge leistet.

Leisten beide Elternteile Unterhaltszahlungen, kann der Elternteil mit den höheren finanziellen Leistungen, d.h. in der Regel derjenige mit dem höheren Einkommen, den Kinderabzug geltend machen.

Fliessen keine Unterhaltsbeiträge, hat derjenige Elternteil Anspruch auf den Abzug, bei dem das Kind lebt.

Bei Konkubinatspaaren hat derjenige Elternteil mit den höheren finanziellen Leistungen Anspruch auf den Abzug. Dies ist in der Regel derjenige Elternteil mit dem höheren Einkommen.

Erzielt ein volljähriges Kind, obwohl es eine Ausbildung absolviert, ein Einkommen, das einen selbständigen Lebensunterhalt ermöglicht, kann kein Kinderabzug geltend gemacht werden.

Die Zuteilung des Abzugs für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien für ein volljähriges Kind ist beschrieben in der Weisung StP 34 Nr. 19 Prämien für Lebens-, Renten-, Kranken- und Unfallversicherungen sowie Zinsen von Sparkapitalien.

4. Zuteilung Kinderabzüge für minderjährige Kinder bei den Staats- und Gemeindesteuern bis und mit Steuerperiode 2017

4.1. Grundsatz

Bis und mit Steuerperiode 2017 wurde bei den Staats- und Gemeindesteuern der Kinderabzug für dasselbe Kind immer unteilbar einem Elternteil zugesprochen.

Flossen Unterhaltsbeiträge erfolgte die Zuteilung der Kinderabzüge nach den gleichen Grundsätzen wie in Ziffer 2.2 vorgängig beschrieben. Bestand ein alleiniges Sorgerecht, erfolgte die Zuteilung nach den in Ziffer 2.3.2 beschrieben Grundsätzen.

Die Zuteilung der Kinderabzüge bei gemeinsamem Sorgerecht wurden hingegen auf der Grundlage von § 12a aStV wie nachfolgend beschrieben vorgenommen.

4.2. Eltern ohne gemeinsamen Haushalt

Bei getrennt besteuerten Pflichtigen mit gemeinsamer elterlicher Sorge ohne einen gemeinsamen Haushalt wurde der Kinderabzug nach § 36 Absatz 2 Ziffer 1 StG in Verbindung mit § 12 a Absatz 2 aStV wie folgt zugeteilt:

Befand sich das Kind in alternierender Obhut beider Elternteile und flossen für den Unterhalt des Kindes keine Beiträge vom einen zum anderen Elternteil oder waren die Beiträge beider Elternteile gleich hoch, dann stand der Abzug demjenigen Elternteil zu, welcher den bedeutenderen Anteil an der tatsächlichen Betreuung leistete.

Wenn sich das Kind nicht in alternierender Obhut befand, dann stand der Abzug dem mit dem Kind im gleichen Haushalt lebenden Elternteil zu.

Eine alternierende Obhut liegt dann vor, wenn das minderjährige Kind mehr oder weniger gleich oft abwechselnd bei Mutter und Vater lebt. Keine alternierende Obhut liegt dagegen vor, wenn das Kind jeweils nur im Rahmen des Besuchsrechts das Wochenende oder die Ferien beim anderen Elternteil verbringt.

4.3. Eltern mit gemeinsamem Haushalt (Konkubinatspaar)

Bei getrennt besteuerten Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge und gemeinsamem Haushalt stand der Kinderabzug nach § 36 Absatz 2 Ziffer 1 StG in Verbindung mit § 12a Absatz 1 aStV jenem Elternteil zu, welcher die grösseren finanziellen Beiträge leistete.

Leisteten beide Elternteile gleich hohe finanzielle Beiträge, stand der Abzug demjenigen zu, welcher den bedeutenderen Anteil an der tatsächlichen Betreuung leistete.

4.4. Versicherungsabzug und Vermögensfreibetrag

Bei den Staats- und Gemeindesteuern wurde der Abzug für Versicherungsprämien sowie Zinsen von Sparkapitalien für das Kind (vgl. StP 34 Nr. 19 Prämien für Lebens-, Renten-, Kranken- und Unfallversicherungen sowie Zinsen von Sparkapitalien) bei getrennt lebenden Eltern immer demjenigen Elternteil zugesprochen, der auch den Kinderabzug geltend machen konnte. Im Gegensatz zur direkten Bundessteuer war eine hälftige Aufteilung dieser Abzüge nicht zulässig.

Gemäss § 12a Absatz 3 StV stand der Vermögensfreibetrag für minderjährige Kinder nach § 53 Absatz 1 Ziffer 3 StG demjenigen Elternteil zu, der den Kinderabzug nach § 36 Absatz 2 Ziffer 1 StG beanspruchen kann. Eine Teilung war nicht möglich.


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