StP 119 Nr. 1 Renten und Kapitalabfindungen: Quellensteuerpflicht
1. Allgemeines
Der Quellensteuer unterliegen Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz, die Renten, Kapitalleistungen oder andere Vergütungen aus privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Einrichtungen der beruflichen Vorsorge oder aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge erhalten.
Personen, die eine Kapitalleistung aus Vorsorge erhalten, unterliegen dann der Quellensteuer, wenn ihnen die Kapitalleistung zu einem Zeitpunkt ausbezahlt wird, in dem sie keinen Wohnsitz oder Aufenthalt (mehr) in der Schweiz haben.
Die Quellensteuer ist auch dann zu erheben, wenn die Kapitalleistung auf ein schweizerisches Konto überwiesen wird.
Personen, die keine schlüssigen Angaben über ihren Wohnsitz zum Zeitpunkt der Fälligkeit ihrer Kapitalleistung machen oder denen die Kapitalleistung ins Ausland ausbezahlt wird, unterliegen stets der Quellensteuer.
Steuerpflichtig sind auch Personen, die als Folge ihres ausserkantonalen oder ausländischen Wohnsitzes nie im Kanton Thurgau Wohnsitz hatten.
2. Steuerbare Leistung
2.1. Privatrechtliche Vorsorgeeinrichtungen
Steuerbar sind alle Vergütungen, wie z.B. Renten und Kapitalleistungen, die von privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen mit Sitz oder Betriebsstätte im Kanton Thurgau ausgerichtet werden.
In Frage kommen beispielsweise Vorsorgeleistungen von Pensionskassen, Sammelstiftungen, Versicherungseinrichtungen, Bankstiftungen u.a.m., die infolge Erreichens der Altersgrenze, Invalidität, Tod oder vorzeitiger Auflösung eines Vorsorgeverhältnisses ausbezahlt werden.
2.2. Öffentlich-rechtliche Vorsorgeleistungen
Steuerbar sind alle Vergütungen, wie z.B. Renten und Kapitalleistungen, die von Vorsorgeeinrichtungen des Staats und seiner Anstalten, der Gemeinden und ihrer Anstalten oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit Sitz oder Betriebsstätte im Kanton Thurgau ausgerichtet werden.
In Frage kommen beispielsweise Renten und Kapitalleistungen der
Pensionskasse Thurgau,
Pensionskasse der Thurgauer Kantonalbank,
Pensions- und Fürsorgekassen der Gemeinden,
Vorsorgestiftung Sparen 3 der Thurgauer Kantonalbank.
3. Steuerberechnung
3.1. Kapitalleistungen (ab Steuerperiode 2021)
Die Quellensteuer wird auf dem Bruttobetrag der Kapitalleistung ermittelt und beträgt für alleinstehende Personen:
auf dem Betrag bis Fr. 25'000 7,00%
auf dem Betrag über Fr. 25'000 bis Fr. 50'000 7,35%
auf dem Betrag über Fr. 50'000 bis Fr. 75'000 7,65%
auf dem Betrag über Fr. 75'000 bis Fr. 100'000 8,30%
auf dem Betrag über Fr. 100'000 bis Fr. 125'000 8,70%
auf dem Betrag über Fr. 125'000 bis Fr. 150'000 9,00%
auf dem Betrag über Fr. 150'000 bis Fr. 750'000 9,60%
auf dem Betrag über Fr. 750'000 9,30%
und für gemeinsam besteuerte Personen
(Eheleute, Partnerinnen/Partner in eingetragener Partnerschaft):
auf dem Betrag bis Fr. 25'000 7,00%
auf dem Betrag über Fr. 25'000 bis Fr. 50'000 7,20%
auf dem Betrag über Fr. 50'000 bis Fr. 75'000 7,50%
auf dem Betrag über Fr. 75'000 bis Fr. 100'000 7,90%
auf dem Betrag über Fr. 100'000 bis Fr. 125'000 8,25%
auf dem Betrag über Fr. 125'000 bis Fr. 150'000 9,00%
auf dem Betrag über Fr. 150'000 bis Fr. 750'000 9,60%
auf dem Betrag über Fr. 750'000 9,30%
Die Berechnung erfolgt in einer kumulierten Betrachtungsweise.
Beispiel:
Kapitalauszahlung von Fr. 120'000 an alleinstehende Person
Berechnung: 7,00% für die ersten Fr. 25'000 Fr. 1'750.00
7,35% für die nächsten Fr. 25'000 Fr. 1'837.50
7,65% für die nächsten Fr. 25'000 Fr. 1'912.50
8,30% für die nächsten Fr. 25'000 Fr. 2'075.00
8,70% für die letzten Fr. 20'000 Fr. 1'740.00
Gesamtbelastung: Fr. 9'315.00
3.2. Renten
Die Quellensteuer beträgt 8 Prozent der Bruttoleistungen.
Der Staats- und Gemeindesteueranteil beträgt dabei einheitlich 7%, die Differenz entspricht jeweils dem Bundessteueranteil.
4. Vorbehalt der Doppelbesteuerungsabkommen
4.1. Kapitalleistungen
Kapitalleistungen unterliegen stets der Quellensteuer. Besteht zwischen der Schweiz und dem Staat, in dem die empfangende Person der Kapitalleistung ihren Wohnsitz hat, kein Doppelbesteuerungsabkommen, ist der Quellensteuerabzug definitiv. Unterhält aber der Staat, in dem die leistungsempfangende Person Wohnsitz hat, ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz, steht die Besteuerungskompetenz in der Regel dem Wohnsitzstaat zu. Der Quellensteuerabzug ist in diesen Fällen nicht definitiv, sondern der steuerpflichtigen Person steht ein Rückforderungsanspruch zu.
Steht der steuerpflichtigen Person ein solcher Rückforderungsanspruch zu, wird ihr die gesamte in Abzug gebrachte Quellensteuer zurückerstattet, wenn sie innert drei Jahren nach Fälligkeit das vollständig ausgefüllte amtliche Rückerstattungsformular samt Beilage einreicht, wonach die Kapitalleistung der zuständigen Steuerbehörde seines ausländischen Wohnsitzstaates bekannt ist.
4.2. Renten
Renten unterliegen der Quellensteuer, wenn die Schweiz mit dem Staat, in dem die rentenempfangende Person Wohnsitz hat, kein Doppelbesteuerungsabkommen unterhält.
Bei der Erhebung der Quellensteuer müssen die abweichenden Bestimmungen der Doppelbesteuerungsabkommen für privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Vorsorgeleistungen beachtet werden. Diesbezüglich wird auf die Rubrik "Internationales Steuerrecht" auf der Homepage der eidgenössischen Steuerverwaltung verwiesen.
5. Verfahren
Bei Sammelstiftungen ist einzig der Sitzkanton der Sammelstiftung zuständig; unmassgeblich ist der Sitz der angeschlossenen Arbeitgeber. Der Sitzkanton der Vorsorgeeinrichtung ist auch dann zuständig, wenn die Vorsorgeleistung direkt von einer Versicherungsgesellschaft, mit der die Vorsorgeeinrichtung einen (Rück-) Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, ausbezahlt wird.
Die Quellensteuern werden im Zeitpunkt der Auszahlung oder Gutschrift der Vorsorgeleistung fällig. Sie sind innert 20 Tagen nach Beginn des auf die Fälligkeit folgenden Monats auf dem dafür vorgesehenen Formular 109 mit der Steuerverwaltung des Kantons Thurgau abzurechnen. Für verspätet eingereichte Abrechnungen werden Ausgleichszinsen erhoben.
Die aufgrund der Abrechnung geschuldeten Steuern sind innert 30 Tagen (Zahlungsfrist) gemäss erhaltener Verfügung zu bezahlen. Für verspätet abgelieferte Quellensteuern werden Verzugszinsen berechnet.
6. Haftung, Strafen
Die Vorsorgeeinrichtung haftet für die korrekte Erhebung der Quellensteuern.
In Zweifelsfällen ist vor ungekürzter Auszahlung einer Kapitalleistung eine Bestätigung des schweizerischen Gemeindesteueramtes des Wohnsitzes der steuerpflichtigen Person zu verlangen, wonach die Kapitalleistung bereits im ordentlichen Verfahren besteuert worden ist.
Im Todesfall einer vorsorgenehmenden Person ist abzuklären, ob auch Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz erbberechtigt sind. Deren Anteil unterliegt der Quellensteuer.
Die vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassung der Quellensteuererhebung gilt als Steuerhinterziehung (§ 208 StG).