StP 120b Nr. 1 Nachträgliche ordentliche Veranlagung auf Antrag von Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz
1. Allgemeines
In der Schweiz quellensteuerpflichtige Personen mit Wohnsitz im Ausland können ab der Steuerperiode 2021 für jede Steuerperiode eine nachträgliche ordentliche Veranlagung beantragen, sofern sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
der überwiegende Teil ihrer weltweiten Einkünfte, einschliesslich der Einkünfte des Ehemanns oder der Ehefrau bzw. der Partnerin oder des Partners in eingetragener Partnerschaft, in der Schweiz steuerbar ist (in der Regel mindestens 90%);
ihre Situation mit derjenigen einer in der Schweiz wohnhaften steuerpflichtigen Person vergleichbar ist;
oder eine solche Veranlagung erforderlich ist, um Abzüge geltend zu machen, die in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen sind.
Das Eidgenössische Finanzdepartement präzisiert in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Voraussetzungen und regelt das Verfahren. Diesbezüglich wird auf das Kreisschreiben Nr. 45 "Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens von Arbeitnehmern" der Eidgenössischen Steuerverwaltung verwiesen.
2. Verfahren
Die quellenbesteuerte Person muss den schriftlichen Antrag auf nachträgliche ordentliche Veranlagung jedes Jahr bis spätestens 31. März des auf das Steuerjahr folgenden Jahres bei der Steuerverwaltung Thurgau einreichen. Der Antrag muss unterzeichnet sein. Aus dem Antrag muss hervorgehen, für welche Steuerperiode eine nachträgliche ordentliche Veranlagung beantragt wird. Die Steuerverwaltung Thurgau bietet ein Antragsformular zum Download auf Ihrer Homepage an.
Werden die formellen Erfordernisse nicht eingehalten, setzt das zuständige Steueramt der antragsstellenden quellensteuerpflichtigen Person eine Frist zur Nachbesserung. Gleichzeitig weist es darauf hin, dass bei Nichtbefolgung der Auflagen auf den Antrag auf nachträgliche ordentliche Veranlagung nicht eingetreten und der vorgenommene Quellensteuerabzug definitiv wird.
Reicht die quellensteuerpflichtige Person den Antrag auf eine nachträgliche ordentliche Veranlagung form- und fristgerecht ein, wird ihr vom zuständigen Steueramt für das entsprechende Steuerjahr eine Steuererklärung zugestellt. Dem Steueramt ist eine vollständig ausgefüllte und unterzeichnete Steuererklärung fristgerecht einzureichen. Darin sind sämtliche weltweiten Einkommens- und Vermögenswerte zu deklarieren. Bei rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe oder eingetragener Partnerschaft sind auch sämtliche weltweiten Einkommens- und Vermögenswerte der Ehefrau oder des Ehemanns bzw. der Partnerin oder des Partners aufzuführen.
Ob die Voraussetzungen der Quasi-Ansässigkeit erfüllt sind, wird durch die zuständige Steuerbehörde im Veranlagungsverfahren, d.h. nach Einreichen der vollständig ausgefüllten Steuererklärung, geprüft.
Zur Feststellung, ob die Schwelle von 90 Prozent erreicht ist, ermittelt die zuständige Steuerbehörde zuerst das weltweite steuerpflichtige Gesamteinkommen der steuerpflichtigen Person (inklusive des allfälligen Einkommens der Ehefrau/des Ehemanns bzw. der Partnerin/des Partners). Anschliessend wird das nach den internationalen Zuteilungsregeln in der Schweiz steuerbare Einkommen ins Verhältnis zu den weltweiten Einkünften gesetzt.
Die Veranlagungsbehörde wendet für die Erstellung der Steuerveranlagung die gleichen Bestimmungen und Bemessungsregeln an, wie bei einer nicht der Quellensteuerpflicht unterliegenden Person.
Stellt die zuständige Steuerbehörde fest, dass die Voraussetzungen für eine nachträgliche ordentliche Veranlagung nicht erfüllt sind, erlässt sie eine abweisende Verfügung, gegen welche die ordentlichen Rechtsmittel ergriffen werden können.
Die steuerpflichtige Person hat zudem eine Zustelladresse in der Schweiz zu bezeichnen. Wird keine Zustelladresse bezeichnet oder verliert die Zustelladresse während des Veranlagungsverfahrens ihre Gültigkeit, so gewährt die zuständige Behörde der steuerpflichtigen Person eine angemessene Frist für die Bezeichnung einer gültigen Zustelladresse.
Sind die formellen Voraussetzungen an den Antrag für eine nachträgliche ordentliche Veranlagung nicht erfüllt, wird nicht darauf eingetreten. Dies ist auch der Fall, wenn die quellensteuerpflichtige Person innert Nachfrist keine Zustelladresse in der Schweiz bekannt gibt. Die zuständige Steuerbehörde erlässt in beiden Fällen einen anfechtbaren Nichteintretensentscheid. Der vorgenommene Quellensteuerabzug erwächst nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft und wird damit definitiv. § 164 Absatz 3 gilt sinngemäss.
3. Steuerbezug
Ungeachtet der nachträglichen ordentlichen Veranlagung unterliegen die steuerpflichtigen Personen für ihr Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit weiterhin der Quellensteuer, d.h. der Arbeitgeber bringt weiterhin monatlich die Quellensteuer vom Bruttolohn in Abzug und liefert die einbehalten Quellensteuern ab.
Nach Rechtskraft der nachträglich ordentlichen Veranlagung wird eine definitive Schlussrechnung erstellt. Die vom Bruttolohn in der betreffenden Steuerperiode abgezogenen Quellensteuern werden dabei zinslos an die gemäss der definitiven Schlussrechnung geschuldeten Steuern angerechnet.