StP 114 Nr. 4 Quellenbesteuerung von Grenzgängerinnen und Grenzgänger mit Ansässigkeit im Fürstentum Liechtenstein
1. Allgemeines
Gemäss dem Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit dem Fürstentum Liechtenstein vom 10. Juli 2015 (DBA-CH/FL) werden Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat besteuert, sofern sich die Person in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnsitz an den Arbeitsort begibt (Grenzgänger/in).
Die Schweiz erhebt somit, entgegen den Bestimmungen im DBG und StHG, keine Quellensteuern auf Einkünften
von in der Schweiz privatrechtlich angestellten Grenzgängerinnen und Grenzgängern (Art. 15 Abs. 4 DBA-CH/FL)
sowie von Grenzgängerinnen und Grenzgängern, die bei einer öffentlich-rechtlichen Institution angestellt sind, an der sich beide Staaten gemeinsam beteiligen (Art. 19 Abs. 1 DBA-FL).
Im Gegenzug untersteht das von Schweizer Grenzgängerinnen und Grenzgängern in Liechtenstein erzielte Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit der ordentlichen Besteuerung in der Schweiz (Art. 15 Abs. 4 DBA-CH/FL).
Eine Ausnahme besteht bei Vergütungen aus einer öffentlich-rechtlichen Institution, die nur vom jeweiligen Sitzstaat betrieben wird. In diesem Fall erfolgt die Besteuerung im Sitzstaat resp. am Arbeitsort (Art. 19 Abs. 1 DBA-CH/FL.
2. Nichtrückkehrtage
2.1 Grundsatz
Die Verständigungsvereinbarung zwischen den zuständigen Behörden Liechtensteins und der Schweiz betreffend Anwendung von Artikel 15 Absatz 4 DBA-CHF/FL sieht vor, dass die Regelung zur Grenzgängerbesteuerung nicht anwendbar ist, wenn eine Person während eines Kalenderjahres an mehr als 45 Arbeitstagen aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt.
Bei den folgenden Sachverhalten sind berufliche Gründe für die Nichtrückkehr zu vermuten:
Übernachtung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers auf Geschäftsreisen.
Übernachtung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers in einem Hotel oder Zweitwohnung in der Nähe des Arbeitsortes in- oder ausserhalb des Staates, in dem der Arbeitsort liegt, wenn eine Fahrzeit von 45 Minuten mit dem in der Regel verwendeten Transportmittel überschritten würde.
Übernachtung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers bei Pikettdienst.
Übernachtung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers während Weiterbildungsaufenthalten, wenn der Arbeitgeber die Übernachtungskosten übernimmt.
2.2 Ermittlung der Nichtrückkehrtage
Für die Ermittlung der Nichtrückkehrtage werden die Arbeitstage gezählt, bei welchen die Arbeitnehmerin respektive der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt. Als Nichtrückkehrtage kommen nur Arbeitstage in Frage, die im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbart sind.
Ein beruflich veranlasster Tag der Nichtrückkehr an den Wohnsitz liegt nicht vor, wenn die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers bedingt durch die Anfangszeiten oder durch die Dauer der Arbeitszeit über die Tagesgrenze hinausgeht und die Arbeitnehmerin respektive der Arbeitnehmer nach Beendigung der Arbeit an seinen Wohnsitz zurückkehrt (z.B. Schichtarbeit / Nachtdienst / etc.).
Arbeitstage, an denen die Arbeitnehmerin respektive der Arbeitnehmer an seinem Wohnsitz arbeitet (Home Office), zählen nicht als Nichtrückkehrtage.
Bei unterjähriger Dauer des Arbeitsverhältnisses werden die Nichtrückkehrtage anteilsmässig berechnet.
Liegt eine Teilzeitbeschäftigung vor und wird die Arbeit nicht an jedem Tag ausgeübt, werden die Nichtrückkehrtage ebenfalls anteilsmässig berechnet. Wird trotz Teilzeitbeschäftigung an fünf Wochentagen gearbeitet, so gelten die vollen 45 Tage.
2.3 Nachweis der Nichtrückkehrtage
Zum Nachweis der Überschreitung der 45-Tage-Schwelle hat der Arbeitgeber bis spätestens Ende Februar des Folgejahres folgende Unterlagen der für die Quellenbesteuerung seiner Arbeitnehmenden zuständigen Behörde einzureichen:
Bescheinigung des Arbeitgebers über die Anzahl der Nichtrückkehrtage im betreffenden Jahr bzw. Zeitraum auf dem entsprechenden Formular (siehe Homepage Eidg. Steuerverwaltung / Länderübersicht / Liechteinstein / Ziff. VI);
Aufstellung über die Nichtrückkehrtage, wobei diese zwingend die folgenden Angaben enthalten muss:
Datum der Abreise und Rückkehr,
Ort und Land der Arbeitstätigkeit,
Anzahl der auswärtigen Übernachtungen sowie Zweck des Aufenthaltes;
Lohnausweis.
Die Aufstellung über die Nichtrückkehrtage wird von der zuständigen Behörde mit einem Stempelaufdruck versehen. Der Stempelaufdruck dient dem Ansässigkeitsstaat als Nachweis der Einreichung der Unterlagen bei der Steuerverwaltung durch den Arbeitgeber.
Bei Personen mit Wochenaufenthalt in der Nähe des Arbeitsortes in- oder ausserhalb des Staates, in dem der Arbeitsort liegt, ist ein Hinweis auf den Wochenaufenthalt auf der Bescheinigung des Arbeitgebers ausreichend.
3. Grenzgänger mit Wohnsitz in der Schweiz
Personen mit Ansässigkeit in der Schweiz und Arbeitsort im Fürstentum Liechtenstein unterliegen grundsätzlich der ordentlichen Besteuerung. Dies gilt auch für Personen, welche gemäss §109 StG der Quellensteuer unterliegen.
Allfällige Bescheinigungen zu Händen der Steuerbehörden Liechtensteins (Bescheinigung über Ansässigkeit in der Schweiz sind durch das zuständige Thurgau Steueramt auszustellen.